Unsere Damen stehen erstmals seit dem letzten Titelgewinn 2013 wieder in einem Finale um die deutsche Hallenhockey-Meisterschaft. Der Sieger der 1. Bundesliga Ost bezwang den Nordchampion vom Club an der Alster vor 3.800 Zuschauern in der Frankfurter Süwag Energie Arena mit 3:2 im Penaltyschießen. Kapitänin Linnea Weidemann traf zweimal, Philine Drumm einmal. „Ich war sehr nervös, konnte mich aber auf die Mädels verlassen, die gesagt haben, was ich machen soll“, meinte die Nationalspielerin. „Das ist alles überwältigend.“ Trainer Tin Matković sagte: „Die Mädels sind so erfolgshungrig und haben sich dieses Endspiel sowas von verdient. Wir haben alle in der Spielvorbereitung so hart gearbeitet und ich glaube, Alster hat uns einfach unterschätzt.“
Neben Weidemann war die U18-Torfrau Amelie Schwarzkopf wie bereits im Viertelfinale gegen Köln über sich hinausgewachsen und hatte unter anderem zwei Penalties pariert. „Es macht einfach Bock. Ich habe vollstes Vertrauen in die Mannschaft gehabt“, sagte Schwarzkopf. „Amelie hat uns erneut gerettet und Linnea ist einfach ein Vorbild für jede Athletin“, meinte Matković, der den Erfolg immer noch nicht fassen konnte. Endspiel-Gegner am Sonntag um 12.00 Uhr ist nun der Titelverteidiger Mannheimer HC. Der Südmeister hatte sich zuvor trotz eines 1:4-Rückstandes noch mit 5:4 (1:3) gegen den Westchampion und Vorjahresfinalisten Düsseldorfer HC durchgesetzt. „Wir nehmen den Nervenkitzel jetzt mit und wissen, dass wir jeden schlagen können. Das ist alles überwältigend“, verriet Weidemann. Am Sonntag wird die Halle mit 4.600 Zuschauern ausverkauft sein.
Doch das BHC-Halbfinale war noch keine zwei Minuten alt, als die Ostmeisterinnen den ersten Schreckmoment zu verdauen hatten. Weidemann wurde von Emily Wolbers unabsichtlich mit dem Schläger im Gesicht zu getroffen und sank zu Boden. Wolbers (2.) schoss hingegen noch aufs Tor und brachte den Rebound im Kasten unter, nachdem Schwarzkopf zuvor pariert hatte. Nach einem kurzen Dialog des Schiedsrichtergespanns wurde jedoch auf Freischlag für den BHC entschieden und der Treffer zählte nicht. Weidemann kehrte auch nach kurzer Behandlung aufs Spielfeld zurück. Zuvor hatte Alster sich seine erste Strafecke erspielt, doch der Schlenzer von Nationalspielerin Viktoria Huse (4.) ging am Tor vorbei.
Nachdem Alina Jäger (8.) den ersten BHC-Torschuss der Partie knapp am langen Pfosten vorbei zog, bekam Johanna Franz beim Abwehrversuch den Ball an den Fuß, sodass Alster erneut eine Strafecke erhielt. Diese schlenzte Antonia Bludau (9.) zur 1:0-Führung ein. Hallen-WM-Teilnehmerin Ida Köllinger (10.) hatte dann den Ausgleich auf dem Schläger, doch ihr Versuch Alster-Keeperin Klara Batschko zu tunneln, scheiterte. Die nächste BHC-Chance nutze dann WM-Nachrückerin Pahila Arnold (12.), in dem sie den Ball im gegnerischen Kreis behauptete, sich herausdrehte und vom Kreisrand zum umjubelten 1:1-Ausgleich traf. Nur eine Minute später erhöhte Alster jedoch auf 2:1, als Amelie Schwarzkopf den Ball unglücklich vor den Schläger von Anna Batschko (13.) abwehrte, die direkt verwandelte.
Im zweiten Viertel war es dann gleich zweimal BHC-Nationalspielerin Joana Boehringer, die auf sich aufmerksam machte. Erst lief sie Alsters dritte Strafecke (21.) gut ab, dann scheiterte sie selbst mit dem Eckenschuss (22.) an Klara Batschko. Besser funktionierte dann die zweite BHC-Strafecke, als Philine Drumm auf Alina Jäger und diese auf Reingeberin Weidemann (27.) ablegte. Die Olympionikin setzte aus spitzem Winkel zum Schlenzball an und erzielte den 2:2-Ausgleich. Wenige Sekunden vor der Halbzeitpause konnte Huse Köllinger nur mit einem Foul stoppen, sodass es die dritte Ecke für den BHC gab. Diesmal ging die Reingabe direkt auf Arnold, die zum 3:2-Pausenstand einschoss.
Nach Wiederanpfiff begannen beide Teams zunächst etwas nervös, ehe Ida Köllinger (35.) erneut beim Angriff gefoult wurde und Strafecke Nummer vier herausholte. Auch diesmal stand Arnold am Schuss, doch die Alster-Verteidigung klärte auf der Linie. Aus einer Überzahl nach grüner Karte gegen Katharina Kirschbaum (38.) konnte der Staffelsieger der 1. Bundesliga Ost kein Kapital schlagen. Philine Drumm (43.) nutzte am Ende des dritten Viertels einen Konter zur 4:2-Führung. Alster ersetzte danach seine Torfrau zugunsten einer sechsten Feldspielerin.
Im Schlussabschnitt verkürzte Huse (48.) per Strafecke auf 3:4. Der BHC ließ sich jedoch nicht entmutigen und schloss nur eine Minute später einen Konter zum 5:3 ab, indem Weidemann (49.) ins leere Hamburger Tor traf. Wenig später parierte Schwarzkopf die fünfte Ecke von Huse (51.) und kurz danach (53.) aus dem Spiel heraus. Als Alster dann jedoch durch Antonia Bludau (57.) zum 4:5 verkürzte, war auch die U18-Torhüterin machtlos. Die BHC-Damen stemmten sich weiter gegen den Alster-Druck, doch 45 Sekunden vor Schluss war es Emily Wolbers (60.), die zum 5:5-Ausgleich traf und den Meister von 2020 damit ins Shootout rettete. „Fünf Tore gegen Alster zu schießen, ist extrem gut. Dass wir es dann aber so spannend machen, ist nicht nötig“, sagte Weidemann. Dem stimmte Nationalmannschaftskollegin Benedetta Wenzel zu: „Dass wir das 5:3 nicht halten, ist ärgerlich. Am Anfang des Spiels hatten wir noch mit der Anfangsnervosität zu kämpfen“, ergänzte die Olympionikin, die als einzige im BHC-Kader schon ein DM-Finale bestritten hat. 2020 wurde sie mit Alster in Stuttgart deutscher Meister.
Im Penaltyschießen legte Wenzel gegen ihren Ex-Club vor, scheiterte aber an Klara Batschko. „Ich habe mich gut gefühlt, ihn aber nicht gut gemacht. Am Ende kannte Alster mich vermutlich besser als ich die Torhüterin“, räumte die gebürtige Hannoveranerin ein. Als Antonia Bludau dann für Alster traf, stand Philine Drumm als zweite BHC-Schützin bereits ordentlich unter Druck. Sie hielt ihm aber stand und brachte den Ball wenige Zehntelsekunden vor der Sirene über die Linie. Nun klärte Schwarzkopf mit dem Schläger gegen Huse und es stand nach vier Schützinnen 1:1. Linnea Weidemann traf ganz abgebrüht zum 2:1, doch Katharina Kirschbaum behielt die Nerven und brachte Alster ins Sudden Death des Shootouts. Nun musste der Nordchampion vorlegen, doch Bludau fand ihre Meisterin in Amelie Schwarzkopf. Beim BHC trat nun die Kapitänin mit dem Matchball an und verwandelte ihren Versuch zum 3:2-Sieg.
„Unsere Final-Teilnahme ist auch ein Zeichen für die Ost-Liga, da ja immer gern gesagt wird, es wäre die schwächste Gruppe. Jetzt haben wir den Sieger der Nordstaffel, was als die stärkste Liga gilt, geschlagen“, meinte Matković. Wenzel sagte: „Wir haben morgen nichts zu verlieren, sondern nur einen Wimpel zu gewinnen. Niemand hätte vor der Saison gedacht, dass wir ins Finale einziehen.“ Alina Jäger, die diesmal keinen Penalty schoss, erklärte: „Das ist alles wie ein Traum, der grad wahr geworden ist. Vor dem Shootout waren meine Hände so zittrig, dass ich den anderen den Vortritt gelassen habe. Nun wollen wir morgen deutscher Meister werden. Das ist alles noch so surreal.“ Ida Köllinger, die nach dem Final Four noch die Hallen-WM für Deutschland in Kroatien spielt, ergänzte: „Das ist immer noch unbeschreiblich. Auch dieses Mal sind wir nach dem späten Ausgleich wiedergekommen.“
Der Club an der Alster – Berliner HC 3:2 n.P., 5:5 (2:3)
1:0 Antonia Bludau (9.) KE
1:1 Pahila Arnold (12.)
2:1 Anna Batschko (13.)
2:2 Linnea Weidemann (27.) KE
2:3 Pahila Arnold (30.) KE
2:4 Philine Drumm (43.)
3:4 Viktoria Huse (48.) KE
3:5 Linnea Weidemann (49.)
4:5 Antonia Bludau (57.)
5:5 Emily Wolbers (60.)
E: 5 (2) / 4 (2)
Grüne Karten: Katharina Kirschbaum
SR: Julia Caroline Jungbluth (Mönchengladbach), Johannes Hencke (Mainz)
Das Final Four wird kostenpflichtig bei DYN übertragen.
Fotos: BHC / Susanne Breithaupt